Fortbildung Phytoexperte/-in
16.10.2024 - 11.04.2025
Fortbildung Phytoexperte/-in

Einzigartig in Deutschland, Österreich und der Schweiz.


PRÄSENZ | 16.-18.10.2024

Einführung und Grundlagen

Modul 1 - Anforderungen an pflanzliche Ausgangsstoffe

Die Wertschöpfungskette der Pflanzlichen Arzneimittel beginnt bei der Gewinnung des pflanzlichen Ausgangsmaterials. Ein stetig wachsender Anteil der Pflanzen stammt heute aus kontrolliertem Anbau; viele werden aber noch immer wild gesammelt. Die Qualität des pflanzlichen Ausgangsmaterials bestimmt maßgeblich die Qualität der daraus hergestellten Zubereitungen und Arzneimittel; das gilt auch für mögliche Kontaminanten, wie bspw. Pestizide, Schwermetalle und Mykotoxine. In Europa muss das pflanzliche Ausgangsmaterial für Arzneimittel in einer qualitätsgesicherten Umgebung gewonnen werden; das beginnt bei der Vermehrung bis zu ersten Verarbeitungsschritten des getrockneten oder frischen Pflanzenmaterials zu pflanzlichen Zubereitungen. Wesentliche Maßnahmen zur Qualitätssicherung werden in der GACP-Leitlinie der EMA ("Good Agricultural and Collection Practice") beschrieben. Die Anforderungen an die Qualität von Drogen und deren Kontrolle werden in Leitlinien der EMA formuliert und durch die Vorgaben im Europäischen Arzneibuch definiert.

Modul 2 - Anforderungen an pflanzliche Zubereitungen als Wirkstoffe

Es gibt zahlreiche Typen pflanzlicher Zubereitungen, die als Wirkstoffe in Arzneimitteln eingesetzt werden, bspw. Drogen, die feingeschnitten direkt als Wirkstoffe in Arzneitees verwendet werden, Presssäfte aus Frischpflanzen, flüssige Zubereitungen wie Tinkturen und andere Liquida oder Zubereitungen mit teilweise komplexen Herstellungsverfahren, wie ätherische Öle. Die wichtigsten Zubereitungen heute sind Trockenextrakte. Es handelt sich immer um Wirkstoffe, die durch ihren Herstellungsprozess definiert sind (the product is the process), woraus sich eine Reihe von Besonderheiten bei der Entwicklung und Validierung der Prozesse sowie deren Überwachung im Lebenszyklus ergeben. Verschiedene Leitlinien der EMA adressieren die vielfältigen Aspekte, die im Kontext der Qualität, der Kontrollstrategie und Stabilität für pflanzliche Zubereitungen relevant sind; zentrale Vorgaben dazu finden sich auch im Europäischen Arzneibuch. Die Herstellung pflanzlicher Zubereitungen als Wirkstoffe in Arzneimitteln erfolgt unter GMP.

Modul 3 - Anforderungen an Pflanzliche Arzneimittel

Die Therapie mit pflanzlichen Wirkstoffen erfolgt heute immer weniger mit traditionellen Zubereitungs- und Anwendungsformen, wie beispielsweise als Tee oder einfache Tinktur. Vielmehr wird die überwiegende Mehrzahl pflanzlicher Wirkstoffe heute mit modernen Darreichungsformen verabreicht. Bei oraler Anwendung meistens als feste Darreichungsformen wie Dragees oder in zunehmendem Maße auch als Filmtabletten. Bei nicht-systemischer Anwendung kommen verschiedene halbfeste Darreichungsformen zum Einsatz, meistens W/O-Emulsionen, aber auch verschiedene Hydrogele. In den meisten Fällen kommen dabei Trockenextrakte als Wirkstoffe zum Einsatz. Die Qualitätsprüfung derartiger Zubereitungsformen entspricht derjenigen wie sie für Präparate mit chemisch-synthetischen Wirkstoffen etabliert ist. Dabei müssen jedoch die Spezifika pflanzlicher Wirkstoffe berücksichtigt werden.


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Modul 4 - Besonderheiten bei der Qualitätskontrolle

Die Wirkstoffe in Pflanzlichen Arzneimitteln sind Vielstoffgemische. Das bedingt eine Reihe von Besonderheiten bei der Qualitätskontrolle. Neben einzelnen Inhaltsstoffen (Wirkstoffe, aktive Leitsubstanzen sowie ggf. weitere wertbestimmende Inhaltsstoffe) muss die innere Zusammensetzung auch in Gänze erfasst werden. Dazu dienen chromatographische Fingerprints, die zur Identitätsprüfung, der Überprüfung der Chargenkonformität, in der Stabilitätsprüfung und für Vergleiche und Bezugnahmen genutzt werden. Das erfordert besondere analytische Konzepte und hat auch Implikationen für die analytische Verfahrensentwicklung und Validierung. Außerdem bestehen durch die Prüfung auf Kontaminanten eine Reihe von Überlappungen zum Lebensmittelbereich und dort verankerten Anforderungen an spezifische Kontrollverfahren und deren Validierung.

Modul 5 - Zulassung von Pflanzlichen Arzneimitteln in der EU und der DACH-Region

Pflanzliche Arzneimittel können in Europa und der DACH-Region unter verschiedenen arzneimittelrechtlichen Rahmenbedingungen auf den Markt gebracht werden. Es gibt nur wenige mit einem vollumfänglichen Dossier zugelassene Produkte; die meisten Produkte wurden basierend auf bibliographischen Daten ("well-established use") oder mit einer Kombination aus bibliographischen und produktspezifischen Daten ("full-mixed dossier") zugelassen; es gibt einige wenige generische Zulassungen. Daneben gibt es eine ganze Reihe von Produkten, die über ein vereinfachtes Registrierungsverfahren basierend auf bibliographischen Daten und der tradierten Verwendung registriert sind ("Traditional Herbal Medicinal Products, THMP"). Hinsichtlich der bibliographischen Daten besteht in Europa die Möglichkeit, auf Monographien des Ausschusses für Pflanzliche Arzneimittel bei der EMA ("Herbal Medicinal Product Committee, HMPC") Bezug zu nehmen. Die dabei zu berücksichtigenden Rahmenbedingungen und Anforderungen sowie die sich aus dem Status der Verkehrsfähigkeit ergebenden Konsequenzen im Lebenszyklus der Produkte sind komplex.

Modul 6 - Bezugnahme und Vergleichbarkeit

Die bezugnehmenden Zulassungsverfahren für Phytopharmaka erfordern Konzepte zum Beleg einer angemessenen Gleichheit zu den Produkten, auf die Bezug genommen wird. Auch nach Änderungen in der Herstellung muss belegt werden, dass die Produkte nach der Änderung noch denen vor der Änderung entsprechen. Je nach Produktgruppe sind dabei eine Reihe von Rahmenbedingungen zu beachten. In der regulatorischen Bezugnahme ergeben sich diese durch die gesetzlichen Vorgaben, werden aber von den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten nicht immer einheitlich interpretiert.

Modul 7 - Nahrungsergänzungsmittel

Hersteller und Inverkehrbringer von Pflanzlichen Arzneimitteln sehen sich zunehmend mit Hürden bei der Neuentwicklung und dem Erhalt der Verkehrsfähigkeit von Produkten konfrontiert. Aus diesem und anderen Gründen kommen pflanzliche Nahrungsergänzungsmittel in den Fokus bei der Suche nach neuen Produkten und alternativen Vermarktungsstrategien. Die Anforderungen für Nahrungsergänzungsmittel ergeben sich in Europa aus dem Lebensmittelrecht, woraus viele Unterschiede zum regulatorischen Umfeld von Arzneimitteln resultieren. Gerade für pflanzliche Nahrungsergänzungsmittel (auch in Kombination mit Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, Aminosäuren und sonstigen Stoffen) gibt es aber auch eine Reihe von überschneidenden Anforderungen und konzeptionellen Übereistimmungen.

Modul 8 - Entwicklungsprojekte für Pflanzliche Arzneimittel

Bei Entwicklungsprojekten mit Pflanzlichen Arzneimitteln gilt es, von Anfang an deren Besonderheiten zu berücksichtigen. Die Qualität und innere Zusammensetzung sowie die Chargenkonformität werden maßgeblich durch das pflanzliche Ausgangsmaterial und die Herstellungsprozesse auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette bestimmt. Deshalb müssen diese von Anfang an, spätestens bei Beginn der klinischen Entwicklung, robust etabliert sein. Die Beschaffung von Rohstoffen endet heute vordergründig nicht mehr nur bei der verlässlichen Beschaffung der benötigten Ressourcen, sondern sollte vielmehr auch im Rahmen einer nachhaltigkeitsbezogenen Analyse betrachtet werden. Hierzu zählen gleichermaßen internationale Abkommen wie das Nagoya-Protokoll, europäische Gesetzgebungsverfahren im Rahmen des "Green Deal" und das deutsche Lieferkettengesetz. Häufig ergeben sich Fragestellungen, die eine Klärung mit Behörden im Rahmen wissenschaftlicher Beratungsgespräche erfordern.

Modul 9 - Besonderheiten bei der Etablierung nicht-klinischer Daten

Mit nicht-klinischen Untersuchungen können wichtige Erkenntnisse erhalten werden, die zur Aufklärung des Wirkmechanismus dienen oder toxikologische Fragestellungen bearbeiten. Ein Wirksamkeitsnachweis kann mit solchen Daten nicht geführt werden. Es ist ein grundlegendes Problem der Phytotherapie, dass häufig in nicht statthafter Art und Weise aus Effekten in In-vitro-Modellen (Wirkungen) auf In-vivo- oder gar klinische Effekte (Wirksamkeiten) extrapoliert wird. Dies gilt umso mehr, als für viele in-vitro getestete Substanzen und Extrakte Untersuchungen zu Metabolismus und Pharmakokinetik und somit Daten fehlen, die nachweisen, dass sie am jeweils untersuchten Target genuin oder als Metabolit bioverfügbar sind. Nicht-klinische Daten, die mit Vielstoffgemischen erhalten wurden, müssen zudem vorsichtig und mit Sachverstand bewertet werden.

Modul 10 - Klinische Entwicklung Pflanzlicher Arzneimittel und Besonderheiten bei der Etablierung klinischer Daten

Die klinische Entwicklung von Pflanzlichen Arzneimitteln unterscheidet sich zunächst nicht von der klinischen Entwicklung anderer Arzneimittel. Es gilt jedoch, einige Besonderheiten zu beachten. Dazu gehört, dass die Verblindung schwierig sein kann, wenn Zubereitungen als Wirkstoffe genutzt werden, die durch ihren Geschmack oder Geruch identifizierbar sind. Eine weitere Besonderheit ist eine (empirische) Verzögerung beim Wirkungseintritt, die es erforderlich macht, ausreichend lange Beobachtungszeiten vorzusehen. Schließlich sind die biometrische Planung und die Gestaltung von Studien in typischen Indikationen für Pflanzliche Arzneimittel nicht einfach, da es sich häufig um selbstlimitierende Erkrankungen oder solche mit milden Symptomen handelt. Das führt dazu, dass Daten, die nach der Zulassung erhalten werden, wichtige Beiträge leisten können. Dazu gehören "Real World Data", also solche Daten, die unter Anwendungsbedingungen im Versorgungsalltag gewonnen werden.

Modul 11 - Das Phyto-CTD

Bei Pflanzlichen Arzneimitteln liegt eine dreistufige Wertschöpfungskette vom pflanzlichen Ausgangsmaterial über die Stufe des Wirkstoffs (Zubereitung) und schließlich zum Arzneimittel vor. Im Vergleich zu „normalen“ Arzneimitteln kommt also die Stufe des pflanzlichen Ausgangsmaterials dazu. Daraus ergeben sich distinkte Vorgaben beim Aufbau des Qualitätsteils des CTD-Dossiers für Pflanzliche Arzneimittel. Besonderheiten bei den nicht-klinischen und klinischen Teilen des CTD-Dossiers ergeben sich durch die Bezugnahme auf bibliographische Daten und die tradierte Anwendung. Diese Besonderheiten sind auch für das im Rahmen der Genehmigung von klinischen Studien einzureichende Dossier ("Investigational Medicinal Product Dossier, IMPD") gegeben.


PRÄSENZ | 09. - 11.04.2025

Modul 12 - Der Markt für pflanzliche Produkte in der DACH-Region und Europa

Für Pflanzliche Arzneimittel gibt es in der EU eine ganze Reihe von Besonderheiten im Kontext der Basis ihrer Verkehrsfähigkeit und der Art ihrer Inverkehrbringung. Sie werden leicht mit sehr ähnlichen Produkten, wie Nahrungsergänzungsmitteln und Stofflichen Medizinprodukten, verwechselt, und die Abgrenzung zwischen diesen Produktkategorien ist deshalb wichtig. Die Anforderungen für das Inverkehrbringen von Produkten außerhalb der Arzneimittel sind erheblich geringer. Das kann durchaus negative Auswirkungen auf Innovationen haben, die aber dennoch möglich sind. Schließlich befinden sich die diesbezüglichen regulatorischen Rahmenbedingungen in Europa in einer Revision („Pharmapaket“), die ggf. auch für Pflanzliche Arzneimittel eine Reihe von Auswirkungen hat.